Fast jeden Selbstständigen kann es treffen: Auch wer fair bezahlt wird, durch die Pflichtversicherung fürs Alter vorsorgt und Pflicht-Beiträge an die Wirtschaftskammer entrichtet, dem unterstellt die GKK mitunter „Scheinselbstständigkeit“.
Bei den sogenannten GPLA-Prüfungen ist die GKK gleichzeitig Kläger und Richter. Es werden zur Feststellung der Beschäftigungsverhältnisse veraltete Kriterien angewandt. Diese werden zusätzlich mitunter auch noch als Negativkriterien ausgelegt (z.B.: wenn keine eigenen Betriebsmittel, dann Einordnung in die Unselbstständigkeit).
Derzeit ist niemand, auch nicht jahrzehntelang selbstständige EPU’s, davor geschützt, nach einer Prüfung als unselbstständig eingereiht zu werden.
In Deutschland sollen sogenannte Statusfeststellungsverfahren den Selbstständigen und ihren Auftraggebern Rechtssicherheit geben. Tatsächlich nutzt die Deutsche Rentenversicherung diese Verfahren dazu, die Bedingungen für eine selbstständige Tätigkeit weiter zu erschweren. Entschied sie 2006/07 noch in weniger als 20% der zumeist freiwillig vorgelegten Sachverhalte auf „abhängig beschäftigt/unselbstständig“, lag der Wert 2013 bereits bei 43,2% – bei unveränderter Rechtslage!
VGSD.de – Statusfeststellungsverfahren führen zu willkürlichen Ergebnissen
Auch in Österreich ist die Sinnhaftigkeit solcher Statusfeststellungsverfahren nach offenbar obsoleten Kriterien anzuzweifeln. Bereits seit längerer Zeit wurde aber im Regierungsübereinkommen vereinbart, dass es eine unabhängige zentrale Schlichtungsstelle beim Hauptverband geben soll. Dies hat auch der damalige Obmann des Hauptverbandes Peter McDonald zu Recht eingefordert. Diese wichtige Stelle wurde aber noch immer nicht umgesetzt, weil die Sozialpartner hier keine Einigkeit erzielt haben. Derzeit obliegt die rechtsverbindliche Entscheidung über die versicherungsrechtliche Zuordnung allein der GKK. Die SVA besitzt derzeit nur Zuhörerstatus bei der Schlussbesprechung.
Eher sinnlos, weil dadurch keine direkte Handhabe der SVA möglich ist!
Die Presse – Die Schikanen der Krankenkassen
Genauere Infos zur geplanten Schlichtungsstelle findet ihr hier:
Unabhängige Schlichtungsstelle, wo bist du?
Im Zuge von Verfahren drohen Strafen im fünf- und sechsstelligen Bereich und strafrechtliche Verfolgung. Auch erfahrene Anwälte und Experten können vorab keine Rechtssicherheit herstellen.
Die GKK argumentiert in erster Linie mit der angeblichen Schutzbedürftigkeit. Die Konsequenz der (mitunter durchaus berechtigten) Prüfungen: insbesondere große Unternehmen stoppen die Beauftragung von Solo-Selbstständigen und Freiberuflern.
Oder: TV-Sender und Produktionsfirmen versuchen ALLE selbstständigen Dienstleister (egal welchen Kriterien sie entsprechent) aus Angst vor Strafen und Nachzahlungen gezwungenermaßen anzustellen. Dieses „Konzept“ der tageweisen Anstellungen ist bereits direkt beim ORF (und vielen seiner Zulieferer) in Angriff genommen worden und wurde auch bei ATV im November 2015 erstmals angedacht.
Kurier – Kameraleute und Techniker kämpfen gegen Zwangsanstellung über Leiharbeitsfirmen!
Wir benötigen dringend Rechtssicherheit für alle Selbstständigen. Die Unsicherheit erfasst immer mehr Sender, Produzenten und Dienstleister, ähnlich einem Schneeballefffekt. Auch branchenübergreifend bestehen diese Verunsicherungen: IT-Branche, Unternehmensberater, Consulter, Vortragende.
Am 7.3. 2016 fand daher auf Einladung des SVA Obmann Stv. Mag. Herzog ein Treffen auf höchster Ebene zwischen SVA (Mag. Herzog, Dr. Neumann, Mag. Kienberger), WGKK (Mag. Mersits), den Finanzchefs von ORF und ATV und TVnet (in Begleitung von Kurt Brazda vom AAC) statt. Ziel: die scheinbar unvereinbaren Positionen auf den Tisch zu legen, um einen gemeinsamen Weg zum Schutz von Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu finden.
Aus diesem teilweise konstruktiven Gespräch heraus haben wir letztendlich ein Angebot der GKK erhalten, moderne Kriterien speziell auf unsere Branche bezogen, zu erarbeiten.
Daran arbeiten wir nun seit über 3 Monaten in der TVnet Kerngruppe. Darin sind Kollegen aus den Gewerken Licht, Ton, Kamera, Regie vertreten. Zusätzlich wurde in Gesprächen mit den Finanzchefs von ORF und ATV und unter Mithilfe von Experten aus Wirtschaftskammer Sozialpolitik, Fachverband der Film-und Musikwirtschaft, Steuerberatung, Unternehmensrecht, Arbeitsrecht usw. ein entsprechender Entwurf erarbeitet.
Siehe auch LINKS/PARTNER
Im besten Falle wird die WGKK diese Kriterien letztlich absegnen. Leider bleibt bei Prüfungen in Zukunft trotzdem die unangenehme Situation bestehen, dass damit alleine noch keine endgültige Rechtssicherheit gegeben ist. Es wäre dies aber wieder ein weiterer kleiner Schritt zu mehr Klarheit in der Abgrenzung.
Durch unsere Gespräche und Interventionen als neue Gruppierung TVnet konnten wir die Zwangsanstellungen bei ATV zumindest schon verhindern. Inzwischen gibt es hier sogar partnerschaftliche Gespräche zwischen den Auftraggebern und Auftragnehmern.
Es besteht darüber kein Zweifel, dass in manchen Fällen unbedingt Anstellungen vorzunehmen wären. Aus unterschiedlichsten unternehmerischen Gründen wurde dies in der Vergangenheit oft nicht umgesetzt. TV-Sender und Produktionsfirmen sind durch die strengen Kontrollen der letzten Monate aber gewarnt, seit langem notwendig gewordene Anstellungen vorzunehmen.
Auch die derzeit anstehenden Klagen von Cuttern auf Anstellung beim ORF deuten darauf hin, dass in einigen Bereichen Versäumnisse „passiert“ sein könnten. TVnet steht dafür ein, dass spätestens nach ev. Gerichtsurteilen festgestellte Missstände bei TV-Sendern und Produktionsfirmen schnellstens aufgearbeitet werden.
Diese Einzelfälle dürfen aber nicht dazu führen, dass unsere Branche insgesamt kriminalisiert wird und man damit die Lebensgrundlage von jahrzehntelang selbstständigen Medienschaffenden zerstören könnte.
Jeder Selbstständige mit Gewerbeschein ist Zwangsmitglied bei der Wirtschaftskammer, bezahlt hohe Beiträge in die Gewerbliche Sozialversicherung SVA und ist damit anders als in Deutschland sozial in der Pensionsversicherung abgesichert.
Eine scheinbare Auseinandersetzung zwischen den Sozialversicherungen um das Geld der Versicherten ist mehr als bedenklich und verstärkt die Unsicherheit innerhalb der Branche. Der Markt wird dadurch negativ beeinflusst und behindert, der Wettbewerb verzerrt und die Flexibilität in der Beauftragung gestört. Dies sind nur einige der auftretenden Folgen, die den den Wirtschaftsstandort Österreich erheblich schwächen!
Die Presse/ Krankenkassen-erwarten-129-Millionen-Defizit
Wir selbstständig Medienschaffende werden durch die strengen Prüfungen der GKK – nach veralteten Kriterien – nicht geschützt.
Ganz im Gegenteil: wir werden von TV-Sendern und Produktionsfirmen in fragwürdige Verträge mit Arbeitskräfteüberlassern gedrängt. Und das teilweise alternativlos!
Mündliche Nebenabsprachen, benachteiligende Urlaubsregelungen, keine KV Bezahlung, 14 tägige Kündigungsfristen sind nur einige der Missstände, die uns laufend von Kollegen gemeldet werden und dokumentiert sind.
Dies kann nicht im Sinne der Gewerkschaft und auch nicht im Sinne des Gesetzgebers sein. Die entsprechenden Stellen sind hier gefordert, dieser Praxis einen Riegel vorzuschieben!
Wir fordern klare Kriterien, um Missbrauch zu verhindern, ohne dass dabei legitim Selbstständige und ihre Auftraggeber kriminalisiert werden.
Maßnahmen gegen Scheinselbstständigkeit, eigentlich zum Schutz vor unfreiwilliger Selbstständigkeit gedacht, schaden zunehmend den wahren Selbstständigen: Immer rigider angewandte, unzeitgemäße Abgrenzungskriterien, langwierige und willkürliche Statusfeststellungsverfahren, widersprüchliche Gerichtsurteile in Verbindung mit unverhältnismäßig hohen Strafen, führen zu enormer Verunsicherung bei den Auftraggebern.
Die Kriterien für Scheinselbstständigkeit sollten sich stärker an der Verhinderung von Missbrauch orientieren. Verwaltung und Gerichte sollten sich auf deren Bekämpfung konzentrieren, statt alle Selbstständigen (auch die bisher gut und fair bezahlten) unter Generalverdacht zu stellen und damit ihre wirtschaftliche Existenz zu gefährden.
Deshalb fordern wir: